Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,
in meiner letzten Haushaltsrede, meiner ersten, habe ich mich etwas voreilig, wie ich heute weiß, positiv über die Atmosphäre im neuen Rat geäußert. So positiv, wie sich das seinerzeit für mich als Neuling dargestellt hat, hat es sich leider nicht entwickelt. Die von allen versprochene Bürgernähe, das Zurückstellen parteitaktischer Überlegungen habe ich an vielen Stellen leider nicht wahrgenommen.
Über diese allgemeine Bemerkung hinweg, möchte ich aber zu zwei Themenkomplexen noch ein paar Ausführungen machen:
Zum Umweltschutz auf lokaler Ebene und natürlich zum Haushalt, über den wir heute abstimmen werden.
Doch zunächst zum Umweltschutz:
Alle demokratischen Parteien haben auf allen politischen Ebenen, in der Kommunalpolitik, auf Landes- und natürlich auf Bundesebene erkannt, dass der Umweltschutz, insbesondere der Kampf gegen die Erderwärmung und die Abkehr von fossilen Energiequellen ganz hohe Priorität hat. Es ist unbestritten, dass es sich hierbei um eine Menschheitsaufgabe handelt, die nur international gelingen kann. International heißt aber nicht, dass wir nicht auch auf der lokalen Ebene etwas tun können. Das tun wir doch auch schon, wir fördern den Fahrradverkehr durch eine Radwegeplanung, wir haben vereinzelt Fahrradstraßen eingeführt, wir haben zum besseren Nebeneinander von Fahrrad- und Autoverkehr 30iger Zonen eingerichtet. Wir als Freie Demokraten haben aber die Befürchtung, dass wir die kommunale Ebene überfordern und mit Maßnahmen überfrachten, die vielleicht gut gemeint sind. Wir kennen alle den Spruch gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Wir befürchten Kollateralschäden, die entstehen, wenn einseitig Dinge im Sinne der Umwelt beschlossen werden und dabei Auswirkungen an anderer Stelle entstehen, die einer funktionierenden Stadtgesellschaft schaden. Uns geht es um eine vernünftige Balance. Eine Stadtgesellschaft, wie wir sie heute haben, ist ohne individuellen KFZ-Verkehr noch nicht denkbar. Wir haben Einzelhandel, Ärzte, die von kranken Leuten, von schwangeren Frauen etc. besucht werden, kleine Geschäfte, die nur für kurze Besorgungen aufgesucht werden. Wir können gerne eine autoarme Innenstadt als Ziel formulieren, aber bitte mit Augenmaß und dabei das Ganze im Blick behalten. Viele wünschenswerte Veränderungen brauchen einfach Zeit und Geduld.
Mein zweiter Punkt, zu dem ich noch ein paar Ausführungen machen möchte, ist der Haushalt.
Ich glaube, alle Fraktionen im Rat sind sich einig, dass die finanzielle Lage unserer Stadt sehr angespannt ist. Wir werden zwar für 2022 einen ausgeglichenen Haushalt beschließen, aber in den Folgejahren wird es schwierig. Eine arme Stadt, ist entgegen einer Berliner Meinung nicht sexy, sonder unattraktiv und wird durch höhere Steuern noch unattraktiver. Deshalb scheiden Steuererhöhungen für uns aus. Punkt. Unsere Stadt, es ist oft genug gesagt worden, hat kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem, Unna hat jahrelang über seine Verhältnisse gelebt und muss jetzt einiges an Zeit aufbringen, um dieses wieder in geordnete Wege zu bringen. In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass offen proklamierte Sparbemühungen z.T. zwar wohlfeil vertreten werden, andererseits aber durch Forderungen, z.B. die alte Eishalle für einen zweistelligen Millionenbetrag zu ertüchtigen, die Sparbemühungen konterkarieren. Wir müssen uns ehrlich machen und dann auch der Klientel, der man sich verpflichtet fühlt, sagen, sorry, geht nicht, können wir uns nicht leisten. Ob wir uns 25.000 Euro als Zuschuss für Lastenfahrräder für gut situierte Bürger/innen leisten können oder wollen, ist in diesem Rat mit Mehrheit entschieden worden. Wir als FDP setzen da eher ein Fragezeichen.
Das heißt nicht, dass wir uns keine Investitionen leisten können oder sollen. Ich nenne mal zwei Beispiele:
Alle Parteien haben im Wahlkampf versprochen, dass wir in Bildung investieren. D.h. für uns als freie Demokraten, der Neubau einer modernen neuen Grundschule am Hertinger Tor, der bereits beschlossen ist, darf nicht in Zweifel gezogen werden. Außerdem müssen wir die angespannte Situation in den Kindertagesstätten angehen. Ohne Wenn und Aber! Als weiter Baustelle nenne ich den Ausbau des offenen Ganztags an den Grundschulen. Hier stehen wir zeitlich durch eine gesetzliche Regelung unter Druck. Wir wissen, dass die Eltern ab 2026 einen Rechtsanspruch auf einen Platz haben, zunächst nur für Erstklässler, sukzessive im Folgejahr ein neuer Jahrgang, also 2029 dann für alle Grundschulkinder. Das ist für die Schulträger nicht nur eine finanzielle Frage, das ist in der heutigen Zeit für viele Familien eine soziale Frage. Ich betone nochmal, das ist keine sozialpolitische Wohltat, das ist für Familien mit Grundschulkindern, wo beide Elternteile arbeiten (müssen), existentiell. Das wissen wir übrigens nicht erst seit heute. Abgezeichnet hat sich das nach der Bundestagswahl 2017 und auf den Weg gebracht durch das Sondervermögen „Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter insgesamt bis zu 3,5 Mrd. Euro durch den Bund bereits 2020.
Also zusammenfassend lässt sich zu diesem Punkt sagen: Wir brauchen unbedingt eine verantwortungsvolle Priorisierung der erforderlichen Ausgaben mit dem vorrangigen Blick auf den Bildungsbereich.
Da folgender Punkt auch Auswirkungen auf unseren Haushalt hat, möchte ich noch zwei Sätze zur Entwicklung des Stadtteils Massen sagen. Die wissenschaftliche Befragung der Massener Bevölkerung hat viele interessante Facetten zu den Wünschen und der Zufriedenheit der Massener Bürger/innen zu Tage gebracht. Wir freuen uns über den Beschluss, dass eine Stelle für die Entwicklung des Stadtteils Massen im Haushalt eingestellt werden konnte. Diese Schwerpunktsetzung verspricht auf jeden Fall, dass im Rahmen des integrierten Stadtteilkonzeptes die Veränderungen professionell begleitet werden.
Wir hoffen in diesem Rat auf eine Zusammenarbeit der Willigen, um diese wichtigen Aufgaben anzugehen. Und wir sollten ab und zu unsere parteipolitische Brille abnehmen, der Blick ohne sie bietet durchaus ein realistisches Bild der Wirklichkeit. Wir freuen uns sehr auf eine Zusammenarbeit in diesem Sinne mit allen hier vertretenen Fraktionen.
Zuletzt möchte ich aber nicht versäumen, mich für die gute Zusammenarbeit mit der Verwaltung, insbesondere mit dem Ratsbüro zu bedanken.
Die Fraktion der FDP stimmt dem vorgelegtem Haushalt zu.
Vielen Dank
- Klaus-Dieter Bahn